Medikamentennebenwirkungen von Herrn Dr. Schüler

Zu Gast bei unserem Monatstreffen im September 2015 war Herr Dr. Schüler, Psychiater und Psychotherapeut des höheren Lebensalters und Facharzt für Neurologie mit dem Thema "Halluzinationen und andere psychische Störungen bei der Parkinsonkrankheit".

Die Parkinsonerkrankung tritt verstärkt im höheren Alter auf. Dabei spielt sich die Krankheit im Kopf ab. Wenn wir uns freuen, ärgern oder etwas lernen möchten benötigen wir dafür Millionen von Nervenzellen. Diese Nervenzellen produzieren Botenstoffe, mit deren Hilfe Informationen vermittelt werden. Dabei schließen sich mehrere Nervenzellen zu Nervenzentren zusammen, so daß ein reibungsloser Informationsfluss entstehen kann. Die Botenstoffe wie z. B. Dopamin, das die Bewegungsabläufe koordiniert, aber auch zuständig ist für die Darmtätigkeit und die Harnblase, werden zu sogenannten Rezeptoren, ähnlich wie Briefkästen, weiter geleitet. Wenn Informationen dabei versickern, also nicht an den dafür vorgesehenen Briefkästen ankommmen, ist zu wenig Botenstoff vorhanden. Durch Medikamente werden diese Botenstoffe wieder angeboten. Bei der Parkinsonerkrankung handelt es sich dabei um einen Dopamin-Mangel. Das Medikament L-Dopa ist eine Vorstufe von Dopamin und wird erst im Gehirn zu Dopamin umgewandelt. Das ist sehr wichtig , da sonst ein Dopaminüberschuss im Körper vorhanden wäre und andere dopaminabhängige Funktionen zu Überreaktionen verleitet werden So kam es, dass man in früheren Jahren anhand von der Schizophrenie einige Erkenntnisse für die Parkinsonerkrankung gewinnen konnte. Schizophrenie ist eine Erkrankung von überwiegend jüngeren Menschen und entsteht durch einen Dopaminüberschuss. Dabei hört oder sieht man Dinge, die andere Menschen nicht hören oder sehen. Man spricht dann auch von Halluzinationen. Im Gehirn befindet sich eine Wahrnehmungskontrolle. Dabei werden Eindrücke gespeichert, so dass sie kennengelernt werden. Wenn diese Eindrücke sich wiederholen beginnt im Gehirn der Erkennungsvorgang. Dabei prüft das Gehirn auch gleichzeitig, ob die gegenüberstehende Person "Feind" oder "Freund" ist., das heißt ob ich mich freue oder ärgere jemanden zu treffen. Auch ändert sich die Wahrnehmung schnell. Wenn man einen Menschen immer nur in einer bestimmten Umgebung sieht, z.B. den Arzt im Krankenhaus, wird es schwerer ihn in einer anderen Umgebung, z. B. den Arzt im Freizeitpark, zu erkennen. Auch für diese Wahrnehmungszentren ist Dopamin der Botenstoff. Gibt es dort plötzlich zuviel Dopamin entsteht ein Überangebot von Informationen, die das Gehirn nicht verarbeiten kann - es kommt zu Halluzinationen. Im Volksmund sagt man gerne , diese Personen sind verrückt, wobei das Wort an sich das Problem auf den Punkt bringt: Eine Halluzination ist eine Verrückung der Wahrnehmung. Man ist zuerst einmal erschrocken wenn solche Halluzinationen auftreten. Mit Medikamenten kann aber auch der Überschuss von Dopamin geregelt werden. So hat man an Schizophrenie erkrankte Personen Medikamente gegeben, die den Dopaminspiegel senken und hat dabei gleichzeitig die Parkinsonerkrankung hervorgerufen, da ein Dopaminmangel die Bewegungsabläufe reduziert. So ist es bei der Parkinsonerkrankung wichtig, das Gleichgewicht von genügend aber nicht zuviel Dopamin bereit zu stellen, damit keine Halluzinationen auftreten, aber die Beweglichkeit erhalten bleibt. Das Problem dabei ist die persönliche Dosis für den einzelnen Patienten zu ermitteln. Parkinson ist keine akute Erkrankung, sondern eine chronische Krankheit. Dadurch können sich die Symptome der Krankheit im Laufe der Zeit verändern. Zuerst gibt es weniger Botenstoff Dopamin. Je länger dieser Zustand anhält, desto wahrscheinlicher ist es , daß sich auch andere Botenstoffe verändern. Außerdem verändern sich die Durchblutungsverhältnisse und das Gehirn wird empfindlicher für Medikamente. Darum spricht man auch nicht davon, daß sich die Krankheit verschlimmert , sondern die Krankheit wird individueller. Dadurch wird sie zu einer psychischen Erkrankung. Im Laufe der Erkrankung gehen kontinuierlich Nervenzellen kaputt, so daß die gleiche Menge an Medikamenten für weniger Nervenzellen angeboten wird. Also muß im Laufe der Erkrankunk die Medimenkation geändert werden, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Aber auch eine Immunschwäche wie z. B. eine Grippe bewirkt, dass ein Medikament stärker wirkt. Eine Wirkungsminderung ( Wirkungsfluktation) tritt jedoch auch häufig auf, wenn die Krankheit über Jahre andauert. Mit der Zeit wird es für das Medikament immer schwieriger an der richtigen Stelle zu wirken. Da nicht immer mehr Botenstoffe gegeben werden können, werden sogenannte Dopamin-Argonisten eingesetzt, die die Nervenzellen empfindlicher für die Aufnahme der Botenstoffe machen sollen, um so die Dopaminschwankungen des Tages auszugleichen. Aber auch das funktioniert bei jedem Erkrankten auf einer anderen Art und Weise. Das Gehirn wird im Alter immer empfindlicher auf Veränderungen. So reicht schon eine andere Umgebung oder ein negativer Stress um eine veränderte Symptomatik hervor zu rufen. Auch die Unverträglichkeit von zwei Medikamenten können Veränderungen bewirken. Um das heraus zu finden muss der Mut aufgebracht werden ein Medikament auch mal abzusetzen. Allerdings immer nur in Absprache mit dem Arzt, nie auf eigene Faust. Wichtig dafür ist ein Arzt, dem Sie vertrauen, mit dem Sie die eigene Situation besprechen können und der dem entsprechend darauf reagiert. Werden Medikamente umgestellt, so ist es wichtig, daß der Patient das auch selber möchte. Umstellungen gehen immer mit Unangehmlichkeiten einher. Deshalb wird in den meisten Fällen dazu geraten, die Medikamenteneinstellung so lange wie möglich gleichbleibend zu belassen. So sind die Medikamente eine wichtige Säule bei der Behandlung der Krankheit, aber nicht die einzige Möglichkeit eine Linderung zu erreichen. Wichtig sind auch Krankengymnastik, Logopädie und soziale Kontakte. Dabei kann ein parkinsonerkrankter NIE austherapiert sein. Denn auch wenn man die Krankheit nicht heilen kann, lindern kann man sie immer. In jedem Stadium der Krankheit gibt es Hilfe. So gibt es keine allgemeingültige Rezeptur für die Krankheit und die Krankheit nimmt jedem einzelnen viel Kraft,aber Hilfe zur Linderung bringt auch wieder neue Kraft um sich der Krankheit zu stellen.